Sonntag, 21. Juni 2009

Katy Perry im Palladium zu Köln, 20.06.2009 (für Kölnische Rundschau)

Eine Pastorentochter, die bekennt, ein Mädchen geküsst zu haben, mag in den USA für ein Skandälchen genügen. Hierzulande geht so was auch im Kinderprogramm: Jedenfalls wimmelte es beim Konzert von "Sünderin" Katy Perry im Palladium von 11-jährigen Mädchen und deren Eltern. Die konnten beruhigt feststellen: Es gibt definitiv Schlimmeres.

Allerdings mussten die Erziehungsberechtigten einige Geduld beweisen: Schon am späten Nachmittag formierten sich lange Schlangen am Eingang des Palladiums -- schließlich wollte der Nachwuchs die vordersten Plätze ergattern. Dann galt es auch noch, mit The Asteroids Galaxy Tour und Ladyhawke ein üppiges Vorprogramm hinter sich zu bringen.

Als Katy Perry endlich die Bühne betritt, ist es schon zehn Uhr durch. Zu den Klängen von "California Girls" von den Beach Boys marschiert die 24-Jährige ein, nur mit einem Bikini im Fünfzigerjahre-Stil bekleidet. Die Eltern sind beruhigt: Keine Reizwäsche, kein Lack-und-Leder, in jeder "Bravo"-Ausgabe geht es ungezügelter zu. Entwarnung auch bei der Bühnendekoration: Hinter der Sängerin blinkt ein riesiges rotes Herz auf, das manche an die "Glücksbärchis" denken lässt.

Unter dem Jubel ihrer rund 2.500 Fans aller Altersklassen legt Perry mit "Fingerprints" los, das überraschend punkig daher kommt. Und wer es vorher nur ahnte, erfährt es jetzt: Die Dame kann wirklich gut singen, von der Pink'schen Rockröhre bis hin zu gehauchten Schmachtfetzen beherrscht sie alle Register. Höhepunkte ihres rund 80-minütigen Programms sind natürlich die beiden Disco-Charthits "Hot N Cold" und "I kissed a girl". Letzteres gibt Perry in gefeierter Überlänge als Zugabe.

Zwischen den Stücken allerdings sorgt die Kalifornierin für Ratlosigkeit: Ist das die Frau von Popeye? Mit einem völlig überkandidelten Tonfall quatscht Perry über das Wetter und inszeniert sich als lebendiges Barbie-Püppchen aus den Fünfzigern. Sei's drum. Musikalisch boten Perry und ihre hervorragend eingespielte Band zwar überhaupt nichts Neues, aber das auf solidem Niveau. Vor Kolleginnen wie Pink, Avril Lavigne oder auch Britney Spears braucht sie sich nicht zu verstecken. Es sei denn, sie hat ein Problem mit Plagiatsvorwürfen.

Mittwoch, 17. Juni 2009

Keane als ehrliche Rocker

Keane im E-Werk zu Köln, 16.06.2010 (für Kölnische Rundschau)

Tom Chaplin kann sein Glück kaum fassen. Der schlaksige Sänger von Keane strahlt über beide Backen und genießt den Jubel seiner 1500 Fans im E-Werk. "Ich glaube, es herrscht heute Abend eine ganz besondere Energie in diesem Saal", konstatiert er schließlich. Diese Energie hatten sich Chaplin und seine Bandkollegen allerdings auch hart erarbeitet.

Was der Rahmen doch ausmachen kann: Bei ihrem Gastspiel im Palladium im letzten Herbst hatten sich Keane noch überdimensional inszenieren können, ließen hinter sich farbenfrohe Videos abspielen und sorgten mit völlig überhalltem Sound für ordentlich Pathos.

Nichts davon am Dienstag im kleineren E-Werk gegenüber: Die vergleichsweise schlichte Bühnenausstattung -- keine Videos, nur das Cover ihres aktuellen Albums "Perfect Symmetry" im Hintergrund -- und der glasklare, authentische Sound zwangen die vier Briten, mit dem Wesentlichen zu überzeugen: Ihrer Musik.

Keine leichte Aufgabe für eine Band, die 2004 mit schwelgerischem Piano-Rock startete, seitdem zunehmend in Richtung "New Romantic" driftet und das Ganze gerne stilecht mit Stadionhall und großen Gesten ausstaffiert. Das Pathos mussten sich Chaplin und Kollegen diesmal -- ganz im Stile ehrlicher Rocker -- hart erarbeiten.

Dabei setzten Keane zu Anfang auf eine Art Wunschkonzert: Die Hits "Everybody's changing", "Bend and break" und "This is the last time" gehören zu den ersten Titeln des Abends und reißen das Publikum bereits nach 20 Minuten zu wahren Jubelstürmen hin. Chaplin schwärmt vom imposanten Dom und den Kölnern sowieso und sichert sich damit Bonus-Sympathien. Er turnt noch sportlicher als sonst über die Bühne, während Gast-Keyboarder Jesse Quinn in die Tasten drischt, als spiele er in einer Hardrock-Band.

Solch leidenschaftlicher Einsatz kann allerdings kaum verdecken, dass die neueren Stücke der Band -- etwa "You haven't told me anything" - im schlichten Clubkonzert-Kontext nicht recht zünden wollen. Die Synthie-Orgien mit den wenig prägnanten Refrains ernten meist nur wohlwollenden Applaus. Stattdessen funktioniert auf einmal die für Keane völlig untypische und ergreifend schlichte Gitarrenballade "Playing along", die Chaplin solo darbringt.

Kein Wunder also, dass es größtenteils Titel ihres ersten Albums "Hopes and Fears" (2004) sind, die für echte Begeisterung sorgen: Die Piano-Nummern "My Shadow" und "Bedshaped" als Zugaben runden den Abend nach rund 90 Minuten ab. Und während die Fans nach Kräften jubeln, schlawinert Tom Chaplin geradezu verlegen um seinen Mikroständer herum. Da müssten sie wohl "sehr bald wiederkommen", sagt er. Man darf gespannt sein, welche Version von Keane dann auf dem Programm steht.