Donnerstag, 26. August 2010

Pandora

Serie "Aachen Szene" für Aachener Nachrichten; erschienen am 26.8.2010

Grunge ist tot, es lebe Grunge: Das Eupen-Aachener Trio Pandora klingt nicht nur ein wenig nach Nirvana & Co. - in einer Zeit von gecasteten Popstars und sinnfreiem Unterhaltungs-Trash haben die drei erfreulicherweise auch einiges zu sagen. Am morgigen Freitag rocken Pandora den Musikbunker.

So langsam ist Annie es ein wenig leid, immer wieder auf Nirvana angesprochen zu werden. Sicher, das sei „eher ein Kompliment als eine Beleidigung“, sagt die Sängerin von Pandora. Natürlich habe die legendäre Grunge-Combo aus Seattle sie beeinflusst, aber ihre Band verfolge durchaus einen eigenen Weg. Und der führe keinesfalls in die Vergangenheit. Zudem überzeugten Pandora mit ihren eigenen Stücken und nicht mit Coverversionen angestaubter Grunge-Hits.

Die Eupenerin ist 22 Jahre jung. Als Kurt Cobain seinem Leben 1994 ein Ende setzte und die ursprüngliche Grunge-Idee mit ihm starb, war sie noch ein kleines Kind. Vielleicht ist ihr deswegen nicht ganz klar, warum ihre Fans aus der „Ü 30“-Zielgruppe ihr ständig diese ollen Kamellen auftischen: Die Trio-Besetzung, die Popsongs im wütenden, rotzigen Soundgewand, die raue Stimme, die schlabbrigen Grunge-Klamotten, ja sogar ihre Linkshänder-Gitarre rufen bei reiferen Hörern unweigerlich die alten Bilder ins Gedächtnis. Und viele der Stücke auf Pandoras Debütalbum „Melancholic Freedom“ klingen, als hätten Kurt und Gattin Courtney Love damals auch musikalisch zusammengefunden.

Doch genug von der Vergangenheit: Mit der Ähnlichkeit müssen und können Annie, ihre Schwester Mia (Bass) und Schlagzeuger Roman wohl leben. Dass Pandora weit mehr als bloß Trittbrettfahrer sind und auf jeden Fall ins Jahr 2010 gehören, liegt daran, dass sie etwas zu sagen haben, Botschaften, die an ihre Zeitgenossen gerichtet sind – und sei es zuweilen auch der resolut aufgerichtete Stinkefinger.

„In meinen Texten geht es zu einem großen Anteil um Protest“, erklärt Annie. „Die grundlegenden Fehler im System“ spricht sie an, Umstände, die dazu führen, dass die Jugendlichen von heute einem enormen Leistungs- und Erwartungsdruck ausgesetzt seien. Auch die Übermacht der Unterhaltungsindustrie sieht Annie als Übel an, „dieses gigantische Theater“ sei der Grund für die Oberflächlichkeit und das politische Desinteresse vieler Altersgenossen: Sie sehe „eine Herde, die komplett in die falsche Richtung läuft“, sagt die Sängerin. Es gebe einfach kein „Existenzbewusstsein“ mehr, die Menschen seien zu überfüttert mit Eindrücken von außen, um sich ernsthaft eigene Gedanken zu machen.

Es sind solche Aussagen, die aufhorchen lassen: Endlich stehen wieder junge Musiker mit Idealen auf einer Bühne, haben Erfolg mit Inhalten, widersprechen dem Image einer saturierten, ideenlosen und angepassten jungen Generation. Und das laut und deutlich.

Dass Pandora mehr als eine weitere Rock-Eintagsfliege sind, ist mittlerweile nicht nur in der Euregio bekannt: Mit ihrem Debütalbum, das im Januar auf dem kleinen Aachener Label Xochipilli Records erschien, sorgte das Trio europaweit und sogar in den USA für Furore. Über 150 Konzerte in ganz Europa haben Pandora jetzt gespielt, darunter Gigs auf großen Festivals wie dem Pukkelpop und als Vorband von Punklegenden wie den US Bombs und The Germs.

Am Freitag rocken Pandora einmal mehr den Musikbunker, Rehmannstraße, wo sie auch ihr neues Musikvideo vorstellen, das sie gerade in Rom produziert haben. Voraussichtlich wird es genauso rammelvoll werden wie bei ihrem letzten Konzert im Januar. Man darf gespannt sein, was die Zukunft Pandora sonst noch beschert.

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