Mittwoch, 17. September 2008

Sido in Köln: "Aua Aua Aua..."

Live Music Hall, 16.9.2008

Wie eine Lichtgestalt steht Sido auf der Bühne, die strahlend weiße Kleidung und der Ring aus Scheinwerfern hinter ihm lassen ihn beinahe engelsgleich erscheinen. Dann rappt er: „Ich bin all das, wovor euch eure Eltern immer gewarnt haben" und gut anderthalb Tausend meist jugendliche Fans jubeln ihm zu.

Verdirbt der Rapper, der sich „superintelligentes Drogenopfer" nennt, unsere Jugend? Diese Frage scheinen sich zumindest die Dutzenden Eltern und großen Brüder in den hinteren Reihen zu stellen, die die vielen Teenager in die Live Music Hall begleitet haben. Skeptisch schauen sie zur Bühne, wo Sido gerade sein Publikum fragt, ob denn auch alle „perverse Schweine" seien.

Fast zwei Stunden lang lässt der „Aggro Berlin"-Rapper und frisch gekürte Juror der neuesten „Popstars"-Staffel kaum eine Gelegenheit aus, zu betonen, dass er ja eigentlich „ein schlechtes Vorbild" sei. Allerdings, räumt er ein: „Wer sagt, was schlecht ist?" - und immerhin habe er ja „Geld, Frauen und Spaß". Solche Argumente ziehen bei seinen Fans scheinbar besser als die Gutmensch-Ambitionen nerviger „Ökotanten".

Groovende Band, trashiger Gesang
Lässt man seine textlichen Entgleisungen einmal außenvor, bietet Sido eine äußerst unterhaltsame und musikalisch solide Vorstellung: Als einer der wenigen Rapper leistet er sich sogar eine echt Band, die in ihren besten Momenten dermaßen funky groovt, dass selbst der graubärtige Papa am Bierstand mitwippt. Sido sollte das Singen wie in seinem trashigen Liebeslied „Carmen" zwar tunlichst unterlassen; sein Rapstil allerdings ist – wie im Hit „Mein Block" - punktgenau und mitreißend. Auch als versierter Entertainer macht Sido eine gute Figur.

Letztlich geht es auch bei Sido nur um das altbekannte Phänomen der adoleszenten Abgrenzung. Sangen vor 20 Jahren die „Ärzte" von „Geschwisterliebe", so singt Sido heute über Analverkehr: "Aua Aua Aua...". Das schien auch einigen in den hinteren Reihen einzuleuchten, wo im Laufe des Konzerts manch skeptischer Blick einem Schmunzeln wich.

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