Dienstag, 17. Februar 2009

Bloc Party im Palladium oder: Arbeiten an Karneval

Im mit 4000 Leuten proppevollen Mülheimer Palladium wird getanzt und getobt. Plötzlich schaffen sie eine freie Fläche, direkt vor der Bühne, mit gut zehn Metern Durchmesser. Einige Sekunden lang halten alle den Atem an, dann stürmen Hunderte auf einmal auf die freigewordene Tanzfläche, springen sich gegenseitig in die Körper, verpassen sich blaue Flecken und haben dabei eine Mordsgaudi: So sieht wohl eine "Bloc Party" aus.

Kölsche Feierlaune trifft britisches Understatement. Während vor der Bühne der Teufel losist, lassen sich die vier Londoner von Bloc Party nicht aus der Ruhe bringen. Aus 4000 Kehlen wird gebrüllt und mitgesungen, während Sänger Kele Okereke die Höflichkeit in Person markiert: Mit geradezu klischeehaft britischem Tonfall sagt er brav "Guten Abend" und "Danke schön" und zum Schluss "Auf Wiedersehen".

In den gut anderthalb Stunden dazwischen leisten die Indie-Rocker ganze Arbeit: Es gibt wohl kaum eine zeitgenössische Rockband, die dermaßen präzise und konzentriert zu Werke geht und ihr Publikum dabei so restlos zu begeistern vermag. "Dance Punk" nennen das manche, aber das Etikett trifft nur ansatzweise, was die Briten da fabrizieren. Mit Punk im ursprünglichen Sinne hat das jedenfalls nichts zu tun.

An der für Bloc Party charakteristischen Grundlage aus treibenden, mitunter zwingenden Schlagzeug-Grooves und funky Bassläufen hätte wohl sogar James Brown seine Freude gehabt. Und ihren Gitarren entlocken Sänger Okereke und Russel Lissack alles, was heutzutage möglich ist: Von stilechten Punkriffs über New Wave-artige Flächen bis hin zu Pink Floyd'scher Psychedelik ist alles drin. Dass Okereke kein begnadeter Sänger ist und in den Höhen manchmal wie ein zeternder Bengel klingt, fällt bei der instrumentalen Kraft der Band nicht weiter ins Gewicht.

Von den frühen Indie Rock-Krachern "Banquet" und "Helicopter", mit denen Bloc Party 2005 den Durchbruch schafften bis hin zu den neuen Singles "Mercury" und "One month off" war im Palladium die Entwicklung der Band zu verfolgen: Mehr Achtziger wagen, mehr Joy Division und New Romantic, das scheint die jüngere Marschrichtung der Band zu sein. Und auch das kommt an bei den überwiegend jungen Fans.

Einziger Kritikpunkt an diesem Abend: Etwas mehr Leidenschaft und Spontaneität hätte den Musikern gut zu Gesicht gestanden. Angesichts ihres überwältigten Publikums wirkten Bloc Party doch recht abgebrüht. Den Fans schien es egal zu sein -- der Rausschmeißer "Time of my Life" aus "Dirty Dancing" sprach wohl nicht wenigen aus der Seele.

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