Dienstag, 5. Mai 2009

Lily Allen hat abgenommen

Lily Allen im E-Werk zu Köln, 04.05.2009 (für Kölnische Rundschau)

"Sie hat abgenommen!" - ein junges Mädchen lässt ihrer Begeisterung freien Lauf, als der Vorhang fällt und Lily Allen im hautengen, blauen Kleidchen auf der Bühne erscheint. Glücklicherweise hatte die 24-jährige Engländerin im E-Werk etwas mehr zu bieten als nur das.

Sie habe Angst, dass sich ihr Ruhm weniger auf ihrer Musik als auf ihren von der Boulevardpresse dankbar kolportierten Skandälchen gründe, wurde Allen unlängst zitiert. Nach ihrem Gastspiel in Köln am Montagabend kann sie beruhigt sein: Zwar sorgte ihr Äußeres anscheinend für einigen Gesprächsstoff im Publikum; mit ihrer musikalischen Leistung konnten Allen und ihre gut aufgelegte Band jedoch durchaus nachlegen.

Zuckerbrot und Peitsche: So könnte man ein Konzert von Lily Allen wohl treffend umreißen: Charmant und mit mädchenhaft kecker Stimme trägt sie ihre honigsüßen Melodien vor, doch in ihren Texten rechnet sie gnadenlos und zuweilen gehässig mit allen ab, die ihr nicht in den Kram passen. So direkt, dass man froh sein sollte, nicht zu ihren Feinden zu gehören: Man könnte in ihrem nächsten Stück mit einem süffigen "Fuck you!" bedacht werden. Die gleichnamige Nummer war - aus 1500 Kehlen inbrünstig mitgesungen - wohl eine der Hymnen des Abends.

Nach den ersten Stücken hält die nunmehr zierliche Brünette ihr erstes Glas Champagner in der Hand, es soll nicht das letzte sein. Lily Allen hebt spontan das Rauchverbot im E-Werk auf und pafft eine nach der anderen. Lustvoll kichert sie sich durch den Abend und hat offenbar Spaß. Den gibt sie unmittelbar an ihr überwiegend junges, weibliches Publikum weiter, das vom ersten Stück an tanzt.

Musikalisch präsentiert sich Lily Allen auf ihrem neuen Album "It's not me, it's you" nicht viel, aber doch ein wenig reifer: Nach dem charmanten, aber doch recht einförmigen Pop ihres Debütalbums wagt sie mehr Abwechslung. "He wasn't there", ihr halbwegs ernsthaftes Stück über ihren Vater, gibt sie - nur von Klavier und Gitarre begleitet - in Honky Tonk-Manier zum Besten. Das chansonesque "Never gonna happen" mag gar als Brecht/Weill-Reminiszenz durchgehen.

Höhepunkt des Konzerts war jedoch die als Zugabe dargebotene Version ihres 2006er-Sommerhits "Smile": Den Reggae-Ohrwurm gaben Allen und Band zunächst originalgetreu, dann als elektrisierende Drum'n Bass-Version und schließlich in scheppernder Dub Reggae-Manier zum Besten. Hinterher schob sie die neue Single "The Fear", in der sie beißend ironisch mit der englischen Boulevardpresse ins Gericht geht. "Alles ist cool, solange ich abnehme", singt sie darin. Zum Glück ist das nicht wirklich nötig.

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