Mittwoch, 23. April 2008

SDNMT/Seidenmatt

Das kommt jetzt reichlich spät, das Konzert ist ja schon anderthalb Monate her. Aber auf dieser Seite spielt Zeit ja eher eine untergeordnete Rolle.

Es war vor etwa vier Jahren, als mir auf Umwegen eine Promo-CD der damals noch Seidenmatt heißenden Berliner in die Hände fiel. "Wasserluft" hieß das Debüt und die Musik darauf war eine Offenbarung. Damals wurde ich zum ersten Mal des Begriffs Post-Rock gewahr, Mogwai und Konsorten kannte ich noch nicht (Spätzünder!). Das war vertrackt und doch eingängig, atmosphärisch und trotzdem manchmal auf die Fresse, größtenteils handgemacht und dennoch irgendwie neu. Seidenmatt machten noch einmal deutlich, wie überflüssig Gesang eigentlich ist.

Vier Jahre und zwei Alben später nun das Wiedersehen im Kölner Underground. Diesmal als zahlender Gast. Eigentlich hatte das Konzert Ende November schon stattfinden sollen und I might be wrong aus Berlin sollten auch mitkommen. Schade dass daraus nichts geworden ist. Immerhin waren noch SDNMT's Proberaumkollegen von Elikan Dew mit von der Partie, die soliden, eingängigen und recht abwechslungsreichen Indie-Rock mit mehrstimmigem Gesang ablieferten.

Dass sich SDNMT weiter entwickelt haben, war schon auf ihrem 2005er-Album "If you use this software often - buy it" erkennbar. Die markanteste Veränderung war seinerzeit der dann doch aufgegriffene Gesang, der für meinen Geschmack im besten Fall überflüssig war. Instrumental fand das zwar noch größtenteils im Kontext der ersten Platte statt, kam jedoch nicht mehr so scheinbar lässig rüber. Mehr als beim Debüt merkte man "IYUTSO-BI" an, wie viel Kopfzerbrechen darin gesteckt haben muss. Die Arrangements waren noch vertrackter, die Entladungen seltener und alles irgendwie math-rockiger. Und, wie gesagt, eben der Gesang. Kurz und gut: Ich ging ohne die Kenntnis des dritten Albums "The goal is to make the animals happy" (2007) zum Konzert.

Zu dem ich nun endlich komme! Im Großen und Ganzen war das angesichts des vernünftigen Eintrittspreises und der unterhaltsamen Vorband durchaus okay. SDNMT haben, glaube ich, nur Stücke ihrer letzten beiden Alben gespielt, was ich schade fand. Es bestätigte sich für mich, dass ihre Musik ein wenig zu verkopft geworden ist. Da ist viel Ungerades, Überraschendes, Abruptes in ihren Stücken. Hatten sie sich auf ihrem Debüt noch einige Flächen erlaubt, und einer behutsamen dynamischen Steigerung immer wieder enorme Eruptionen folgen lassen, üben sich die Berliner nun darin, Höhepunkte immer weiter hinauszuzögern oder gleich zu unterschlagen. Statt Post-Rock Anti-Rock. Die Zwischenräume füllen sie fast ausnahmslos aus, irgendetwas passiert immer bei SDNMT, und sei es, dass wieder jemand singt. Was live übrigens nicht so rüberkam wie auf Platte, wo der Gesang für meinen Geschmack etwas zu exaltiert wirkte.

Wo SDNMT an athmosphärischen Sequenzen sagen wir mal sparsamer geworden sind, tat die Location ihr Übriges. Solche Musik muss mit einer gewissen Würde daher kommen, sie braucht einen passenden Rahmen und auch eine durchdachte Lichtschau. An jenem verregneten Frühjahrsdienstag jedoch war nichts davon zu spüren. Nur etwa 40 Leute verloren sich im hässlichen Underground, und man kennt ja das Kölner Indie-Publikum, das dann mit verschränkten Armen vor einer Band steht und eher selten zu Gefühlsausbrüchen neigt. Wenn dann auch noch die süffisante Frage nach einer Kuhglocke (dem Fetisch jedes 80er-Lederhosen-Schlagzeugers schlechthin) kommt, darf man den Musikern nicht übel nehmen, dass sie ein wenig reserviert bleiben. Was im Underground leider der Fall war. Oder so gesehen: Die Band schien eher für sich selbst zu spielen. Dabei jedoch hatten sie augenscheinlich Spaß.

Fazit: SDNMT sind definitiv eine Reise wert, vor allem wenn sie in einem etwas würdevollerem Rahmen auftreten. Ich würde mir allerdings wünschen, dass sie sich bei ihren Arrangements weniger verzetteln und stattdessen öfter große Gefühle (Mann, klingt das pathetisch) zulassen. Und zwar lieber instrumental als gesanglich.

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