Freitag, 19. Dezember 2008

In Extremo: Hosenträger aus dem Mittelalter

Palladium zu Köln, 17.12.08

"Damals wie heute zanken die Barden wie Walter und Neidhardt vor 800 Jahren": Mit Marktsackpfeifen, Harfe und Drehleier luden die Mittelalter-Rocker von In Extremo zum "Sängerkrieg" im Mülheimer Palladium. Rund 3000 Fans nahmen stimmgewaltig teil und ließen das düstere Zeitalter hoch leben - ein bisschen wenigstens.

Lederwams, handgemachte Kettenschürzen und Manschetten, bärtige Männer mit wallender Haarpracht: Bei In Extremo herrschte nicht nur auf der Bühne die Mode des Mittelalters, auch im Publikum folgten einige diesem Dresscode. Mehr oder weniger stilecht - aber so genau nahm es die Band auch nicht immer.

Mit Minnesang, mittelalterlichen Instrumenten und entsprechenden Liedtexten - die ältesten aus dem 8. Jahrhundert - haben sich die Berliner seit 1996 Kultstatus unter Mittelalter-Fans erspielt. Seit einiger Zeit verbindet die siebenköpfige Band die alte Tradition mit Elementen aus Rock und Metal - und zwar kommerziell höchst erfolgreich: So schoss ihr jüngstes, insgesamt neuntes Album "Saengerkrieg" dieses Jahr auf Platz eins der deutschen Charts.

Auch wenn sich die Gruppe textlich weitgehend treu geblieben ist - noch immer singt Das Letzte Einhorn alias Michael Robert Rhein vom "Spielmannsfluch", von Gauklern und Edelmännern, und das teilweise in uralten Sprachen - ging der große Erfolg von In Extremo anscheinend auf Kosten der Authentizität: Im Palladium erlebten die Fans ein beinahe waschechtes Rockkonzert, in dem die mittelalterlichen Instrumente, Kleidung und Show-Effekte eher Staffage waren.

Zwar sind die Marktsackpfeifen in beinahe jedem Stück präsent, und auch die anderen traditionellen Instrumente kommen zum Einsatz - der Sound von In Extremo wird jedoch dominiert von der klassischen Rockbandbesetzung: Das klingt oft wie Deutsch-Punk im Stil der Toten Hosen und zuweilen nach Metal mit Korn- und Rammstein-Anleihen. Statt mittelalterlicher Harmonik gab es meist eingängige Pop- und Rockmelodien.

Die Fans waren dennoch begeistert: Bei Hits wie "Mein rasend Herz" und "Frei zu sein" und "Liam" stimmten sie inbrünstig ein. Der Sängerkrieg endete also im Frieden.

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