Freitag, 3. April 2009

Niels Frevert: Du sollst nicht in der Kirche klatschen

"Ihr seid so toll", sagt Niels Frevert ein wenig schüchtern in sein Mikro. Die Reaktion des Publikums in der Nippeser Kulturkirche: Gespenstische Stille. Kein Jubel, kein Klatschen, nichts. Bis sich einer erbarmt: "Du auch!" ruft er in Richtung Bühne -- und spricht aus, was die übrigen 450 im randvollen Kirchenschiff wohl wenigstens gedacht haben müssen.

Vielleicht lag es an den Gebetsbänken, auf denen die meisten seiner Fans Platz nehmen mussten, und die zu zeitweise andächtigem Schweigen verleiteten. Aber nach seinem Gastspiel in der Kulturkiche ist auch klar: Als "Superstar"-Aspirant würde Niels Frevert gnadenlos durchfallen. Zu bescheiden und ja, einfach normal trat der Sänger auf, um große Jubelstürme zu provozieren.

Zum Glück, will man ergänzen. Denn, auch das zeigte sich am Freitagabend: Freverts poetische Kleinode benötigen kein Show-Getöse und kein Animationsprogramm, um ihre Wirkung zu entfalten. Dass der Hamburger Sänger sie mit kompletter Band und Streichquartett auf die Bühne brachte, reichte völlig aus, um sein Publikum in der randvollen Kulturkirche wenigstens innerlich zu begeistern.

In Freverts Songlyrik schwingt Melancholie mit, die nie in Kitsch abgleitet. "Du kannst mich an der Ecke rauslassen", heißt sein jüngstes, drittes Soloalbum. Und so wie der Titelsong das Thema Trennung behandelt, verwendet Frevert auch in vielen anderen Stücken unorthodoxe Metaphern. Er singt von "Kakerlaken in deinen Cornflakes", von beschlagenen Brillengläsern und umspielt ganz unspektakulär jede sich aufdrängende Betroffenheit. Selbst die grandios (von Easy Listening-Legende Werner Becker) arrangierten Streicher kann er sich erlauben, ohne in Klischees zu verfallen.

Den alten "Nationalgalerie"-Superhit "Evelyn" verkniff sich Frevert in Köln. Stattdessen gab er eine leise Interpretation aus den "schlimmen Neunzigern" von Udo Lindenbergs "Ein Herz kann man nicht reparieren". So unspektakulär und bescheiden Frevert sich auf der Bühne gab, so groß und für sich standen seine Stücke. Und für die -- nicht für seine Show -- gab es letztlich dann auch die verdienten Jubelstürme.

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