Donnerstag, 18. März 2010

Ina Deter und die neuen Männer

Kolumne "Aachen Szene", erschienen in Aachener Nachrichten, 18.03.2010

Sie hat der Frauenbewegung die Parolen geliefert: Mit Hits wie „Neue Männer braucht das Land“ war Ina Deter der Männerschreck der Achtziger. Am Freitag kann man die mittlerweile hoffentlich etwas versöhnlichere Sängerin im Franz erleben.


„Frauen kommen langsam – aber gewaltig“, sang Ina Deter 1986 und sagte der Machowelt damit den Kampf an. „Neue Männer“ forderte sie – und mit ihr eine ganze Generation aufbegehrender Frauen, die vom Heimchendasein endgültig genug hatten. In der Rolle der Stichwortgeberin für die Frauenbewegung hat sich Ina Deter auf diese Weise in der westdeutschen Geschichte verewigt.

Am Anfang des neuen Jahrtausends gelang der Sängerin, die seinerzeit in Vetschau lebte, dann ein weiterer Achtungserfolg: Ihre Interpretationen von Piaf-Stücken mit eigenen deutschen Texten wurden nicht nur im Feuilleton begeistert gefeiert. Eine Zeitlang brillierte sie in der Rolle der gereiften Femme Fatale - bevor sie vor einigen Jahren beinahe selbst einer schweren Krankheit erlag. „Ein Wunder muss noch geschehen“, hatte Ina Deter bereits 1984 gesungen – und, als hätte sie es geahnt, widerfuhr ihr nun eines.

2008 veröffentlichte sie schließlich ihr jüngstes Album mit dem Titel „Ein Wunder“, auf dem sie elf ihrer größten Hits noch einmal neu aufnahm, ergänzt durch drei unveröffentlichte Nummern. Weniger agitatorisch, weniger laut ist sie nun (ihre Stücke spielt sie nun bevorzugt im Unplugged-Sound), doch im Kern ist sich Ina Deter bis heute treu geblieben: Einige Parolen aus den Achtzigern werden ihre Fans wohl auch bei ihrem Konzert im Franz wieder hören.

Aber vielleicht ist sie mit über 60 etwas milder gestimmt: Immerhin hat die Deter selbst zwei „neue Männer“ gefunden, denen sie über die Jahrzehnte hinweg treu geblieben ist: Mit ihren musikalischen Weggefährten Micki Meuser (Bass) und Manni Hollaender (Gitarre) teilt sie schließlich schon seit gut 30 Jahren die Bühne.

Indie-Pop aus Schweden

Sollte Frau Deter am Samstag noch in Aachen weilen, kann sie sich im Musikbunker vier „neue Männer“ anschauen, die ihr gefallen dürften: Die Schweden von Nervous Nellie, seit 2002 ein Team, machen nicht nur ausgesprochen emotionale Musik. Über sie heißt es auch: „Sie lassen uns lachen und weinen, ohne dass es peinlich wäre.“

Nein, mit Heulbojen hat man hat es hier sicher nicht zu tun. Viel mehr hat die Musik von Nervous Nellie ihren Ursprung in den Siebzigerjahren, als den Leuten rückblickend überhaupt sehr wenig peinlich zu sein schien. Den Stil der Schweden könnte man etwa so beschreiben: Hier geben sich David Bowie und George Harrison die Hand, beide nur mit Akustikgitarren und Harmonikas im Gepäck, und heuern eine junge Hippie-Band von der Westküste an – auf dass frische, verspielte Rockmusik mit ordentlich Folk-Einschlag entstehen möge.

Nervous Nellie wären keine Schweden, wenn sie nicht auch noch hartnäckige Ohrwürmer in petto hätten. Die klingen zwar hier und da wie schon mal gehört, werden aber mit so viel Verve dargebracht, dass man ein Holzklotz sein müsste, um nicht spätestens beim zweiten Refrain mitzusummen.

Jetzt hat sich das Quartett auf Tour begeben, im Gepäck ihr erst vor wenigen Tagen veröffentlichtes neues Album „Why dawn is called mourning“. Wer mit ihnen gemeinsam lachen und weinen möchte, sollte in den Keller des Musikbunkers kommen.

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