Donnerstag, 8. April 2010

Konzerttipps: Jethro Tull, Kitty Solaris und Bernhard Eder

Kolumne "Aachen Szene" für Aachener Nachrichten, 08.04.2010

Mit Klassikern wie „Locomotive Breath“, „Aqualung“ und „Living in the past“ haben Jethro Tull in den Siebzigerjahren Musikgeschichte geschrieben. Am Samstag kommt die legendäre Combo um Frontmann Ian Anderson ins Eurogress.

Der Sound von Jethro Tull ist seit ihrer Gründung im Jahre 1968 untrennbar mit Ian Andersons Flötenspiel verbunden. Wie es dazu kam, erzählte der Frontmann vor kurzem im Interview mit unserer Zeitung: „Als ich mein Elternhaus verließ, brauchte ich ein Instrument, das ich in den paar Tüten verstauen konnte, die ich mitnahm. Eine Gitarre hätte den Rahmen gesprengt. Die Flöte war aber auch ungewöhnlich genug im Rockkontext, um damit Gehör zu finden.“

Der Rest ist Musikgeschichte, könnte man ergänzen: Jethro Tull fanden ziemlich bald Gehör, bereits ihr zweites Album „Stand up“ schoss 1969 an die Spitze der britischen Charts. 1971 gelang ihnen der weltweite Durchbruch mit der Single „Locomotive Breath“ und dem Album „Aqualung“. Andersons rockiges Flötenspiel war das Markenzeichen von Jethro Tull geworden. Ihre Alben „Thick As A Brick“ und „A Passion Play“ waren in den Siebzigerjahren nicht nur Verkaufserfolge, sie sind auch herausragende Beispiele gelungener progressiver Rockmusik. Es folgten Millionen verkaufte Platten und bis heute rund 3500 Konzerte rund um den Erdball.

Ihr letztes Studio-Album veröffentlichten die Briten 1999. Seitdem sind sie beinahe permanent auf Tour. Und das sicher nicht aus finanziellen Motiven, steht Anderson doch als Plattenmillionär und erfolgreicher Geschäftsmann bestens da. Sein Alter führe ihm die „Endlichkeit der Zeit vor Augen“, sagte der Sänger im Interview, „die mir noch bleibt, um Musik machen zu können.“

Und tatsächlich: Der gebürtige Schotte gehört zu den letzten noch lebenden Protagonisten der goldenen Ära der Rockmusik. Bedenkt man, dass Jethro Tulls erste Erfolge mehr als 40 Jahre zurück liegen und wie viele ihrer Weggefährten in der Zwischenzeit das Zeitliche gesegnet haben, wird erst klar, was für ein Glücksfall es ist, dass Ian Anderson immer noch nicht müde ist, die alten Hits zum Besten zu geben.

Wer die lebenden Legenden – neben dem Sänger ist auch noch Gitarrist Martin Barre aus der Anfangszeit dabei – noch einmal live erleben möchte, kann das am kommenden Samstag um 20 Uhr im Eurogress tun. Jethro Tull versprechen nicht weniger als ihre „Greatest Hits“, eine Auswahl ihrer besten Songs.

Bedürfte es noch eines Belegs, dass die Sechziger- und Siebzigerjahre in der populären Musik bis heute nachwirken – man bekäme ihn am gleichen Abend: In der Raststätte gastieren nämlich mit Kitty Solaris und Bernhard Eder zwei Künstler, die sich mehr oder weniger direkt auf diese Epoche berufen und dabei ebenso schöne wie interessante neue Musik schaffen.

Die junge Berlinerin Kitty Solaris ist laut eigener Aussage „auf den Spuren ihrer Favoriten Velvet Underground, Patti Smith und Cat Power“ unterwegs – und das hört man. Nur mit ihrer Gitarre als Untermalung ruft sie die zarte Melancholie ins Gedächtnis, den zuckersüßen Schwermut, der schon ihre Vorbilder auszeichnete. Ihre meist eher schlicht gehaltenen Stücke leben von einer bewegenden, raumfüllenden Intimität, der sich wohl kaum jemand entziehen kann.

Bernhard Eder, gebürtiger Oberösterreicher und seit einigen Jahren ebenfalls Wahl-Berliner, ist ein vielversprechender Singer-Songwriter, der kompositorisch in der Tradition von Größen wie Nick Drake, George Harrison und Elliott Smith steht. Anders als seine Labelkollegin, mit der er derzeit auf Tour ist, lässt Eder seine leisen, betörend melodiösen und melancholischen Kleinode jedoch zuweilen von einem Akkordeon, einer Geige oder anderem Beiwerk umschweben.

Wer die beiden Musiker live erleben möchte, sollte sich am Samstag um 20 Uhr zur Raststätte aufmachen.

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