Donnerstag, 24. Juni 2010

Hack Mack Jackson und Electric Orange

Serie "Aachen Szene" für Aachener Nachrichten; erschienen am 24.6.2010

Frage: Was haben Countrymusik und Krautrock gemeinsam? Antwort: Nichts - außer vielleicht dem Umstand, dass die Anhänger beider Spielarten ausgemachte Nostalgiker sein müssen. Und mit den Konzerten von Hack Mack Jackson und Electric Orange bekommen sie dahingehend einiges geboten.

Es ist nun schon einige Jahre her, da erlebte die Countrymusik auch abseits deutscher Kuhställe einen eigentümlichen Boom: Der Komiker Olli Dittrich nahm mit seiner Countrytruppe Texas Lightning am Eurovision Song Contest teil und mit den Dirtfarmers hatte sogar die Kaiserstadt ihre lokalen Cowboyhutträger. Auf einmal entdeckten auch junge Leute die Partytauglichkeit von Country- und Westernmusik, zumindest solcher, die nicht so ganz bierernst rüber kam.

Als sich die Düsseldorfer von Hack Mack Jackson Ende der Neunziger gründeten, war der „Hype“ noch weit entfernt, aber man kann wohl sagen, dass sie mitgeholfen haben, die einst uramerikanische und tendenziell erzkonservative Musik hierzulande populär zu machen. Ihr Verdienst: Statt sich nur zwischen „Country“ und „Western“ zu entscheiden, warfen sie einfach alles in einen Cowboyhut, was ihnen an traditioneller, amerikanischer Landeier-Folklore gefiel. Das Ergebnis: Tanzbarer, zuweilen gar Pogo-tauglicher „Countrybillyswamprock“.

Sicher, so mancher Texaner würde wohl angesichts derlei respektlosen Mischmasch rot anlaufen unter seiner Hutkrempe. Da werden Country-Klischees gnadenlos durch den Kakao gezogen, Slidegitarren und Waschbretter geradezu punkig runter gerockt und laut eigener Aussage „Melodien aus der Mülltonne“ recycelt. Und dann noch diese Texte: „Ich bin Jesus und kann alles“, heißt ein Stück. An anderer Stelle wird die Punk-Hymne „Too drunk to fuck“ als Countrynummer ausgegeben. Und bei „Love is a horse“ trägt Sänger Drewson Jackson gar eine Pferdemaske auf dem Kopf.

Klingt nach einer Menge Spaß und ist es wohl auch. Genaueres erfährt der geneigte Konzertgänger dann am kommenden Samstag ab 21 Uhr im Hauptquartier, Promenadenstraße.

Kopfkino-Garantie im AZ
Eine völlig andere Zielgruppe sprechen die Aachener von Electric Orange an, die sich voll und ganz dem Krautrock der Siebzigerjahre verschrieben haben: Die Band um Dirk Jan Müller lädt weniger zum feuchtfröhlichen Tanzbeinschwingen denn zum andächtigen Lauschen mit Kopfkino-Garantie.

Krautrock aus Aachen? Da klingelt doch was: Ist das nicht die Domäne von Ruphus Zuphall um Bandleader Günther Krause? Es ist schon erstaunlich, dass Electric Orange, die sich bereits 1993 gründeten, in der Kaiserstadt noch vergleichsweise unbekannt sind. Das mag daran liegen, dass das Quartett grundsätzlich nur wenige Konzerte spielt und ihr letztes in Aachen über acht Jahre zurück liegt. Im gleichen Zeitraum gastierten Electric Orange jedoch auf einschlägigen Szene-Festivals in ganz Deutschland und machten auch auf der Zappanale in Bad Doberan Station.

Dass Electric Orange ihr Handwerk beherrschen, haben sie nicht nur auf ihren sieben Alben mit so sprechenden Titeln wie „Krautrock from Hell“, „Platte“ und „Fleischwerk“ bewiesen. Besonders eindrucksvoll zeigt sich die Kunst der Band im Live-Kontext, in dem Electric Orange alle Register ihres Könnens ziehen. In aller Ruhe werden mal psychedelische, mal jazzig angehauchte Klangteppiche gewoben, die Raum für Improvisationen lassen, rhythmisch und melodisch immer wieder überraschen. Auf eingängige Gesangspassagen oder griffige Riffs wird verzichtet, damit nichts vom Gesamtkunstwerk – dem Song – ablenkt.

Zuweilen sprengen Electric Orange die 15-Minuten-Grenze, steigern geduldig und akribisch die Spannung und lassen ihre Stücke schließlich genüsslich zum Höhepunkt kommen. Der rote Faden in ihren Stücken ist jedoch das Überraschungsmoment, sowohl kompositorisch wie instrumental kommen die Herren gerne unerwartet um die Ecke. So wird aus Langatmigkeit niemals Langeweile.

Man sollte also etwas Zeit zum Staunen mitbringen, wenn Electric Orange am Freitagabend (ab 20 Uhr) im Autonomen Zentrum, Vereinsstraße, endlich wieder ein Heimspiel haben. Mit von der Partie sind auch die Progressive Rocker von The Last Voids Stand.

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